Berlin (25.06.2020) –
Die aktuelle Situation verdeutlicht, was noch vor einigen Monaten unmöglich schien: Um die Ausbreitung des Covid-19-Virus zu verhindern, arbeiten allein in Deutschland Millionen von Arbeitnehmern im Home-Office. Interne Meetings und Besprechungen mit Kunden werden über Videoplattformen realisiert und sogar der Bewerbungsprozess ist digitaler geworden.
Die Corona-Krise trägt somit zur Digitalisierung auf dem Arbeitsmarkt bei, doch sind diese Impulse bereits auf dem Stellenmarkt angekommen? Werben die Unternehmen mit digitalem Arbeiten in ihren Jobangeboten? Der BAP-Jobnavigator hat die über 764.000 im Mai 2020 veröffentlichten Stellenangebote in Bezug auf digitales Arbeiten, digitale Bewerbungs- und Einarbeitungsprozesse sowie flexible Arbeitsformen analysiert. Das Ergebnis: Das Bewusstsein scheint vorhanden zu sein, auch wenn digitales Arbeiten in nur wenigen Stellenanzeigen explizit angeboten wird und somit Luft nach oben bleibt.
Doppelt so viele Unternehmen bieten digitale Bewerbungsgespräche an
Das Recruiting muss weitergehen, denn nachdem das Jobangebot im März und April aufgrund der Beschränkungen stark abgenommen hatte, erholt sich der Stellenmarkt nun mit den zunehmenden Lockerungen. Im Mai wurden bereits 7,1 Prozent mehr Jobangebote veröffentlicht als im Vormonat. Um auf die Corona-Pandemie zu reagieren, boten 865 Unternehmen für 10.670 Jobs (1,4 Prozent) digitale Bewerbungsgespräche über verschiedene Videoplattformen an. Durch diese Praxis lässt sich nicht nur der soziale Kontakt umgehen, sondern das Gespräch kann flexibler und spontaner geführt werden, da zum Beispiel der Anfahrtsweg entfällt. Obwohl die Erwähnung in Jobangeboten noch relativ gering ist, zeigt sich ein offensichtlicher Unterschied zum vergangenen Jahr: Damals schrieben nur halb so viele Unternehmen in ihren Inseraten, dass digitale Bewerbungsgespräche möglich sind. Auf digitale Onboarding-Prozesse wurde im vergangenen Monat selten in Jobangeboten hingewiesen, denn nur 290 Jobangebote nannten explizit die Möglichkeit einer digitalen Einarbeitung.
Bedeutung von Home-Office steigt
Im Mai 2020 enthielten 84.545 Jobangebote den Hinweis, dass Home-Office in diesem Unternehmen angeboten wird. Das entspricht einem Anteil von 11,1 Prozent am Gesamtmarkt. Auch wenn die letzten Wochen gezeigt haben, dass Home-Office in vielen Unternehmen möglich ist, werben nach wie vor eher wenige Firmen damit in ihren Stellenanzeigen. Dennoch ist aus gegebenem Anlass ein Bewusstsein für die Bedeutung von Remote Work entstanden, wie sich im leichten Zuwachs zum Vorjahresmonat zeigt. So lag der Anteil im Mai 2019 bei nur sieben Prozent.
Home-Office vor allem in IT und Marketing möglich
Besonders bei den Young Professionals ist im Vergleich zu anderen Hierarchiestufen das Arbeiten von Zuhause verbreitet, denn hier betrug der Anteil an Jobangeboten 16,4 Prozent. Das Auszubildende wiederum am seltensten die Möglichkeit (6,6 Prozent) zur Telearbeit haben, erscheint plausibel – schließlich benötigen sie noch Unterstützung und müssen eingearbeitet werden.
Bei der Betrachtung der Berufsgruppen sind ebenfalls spürbare Unterschiede sichtbar. In bestimmten Bereichen wie im Bauwesen und Handwerk ist das Arbeiten von Zuhause aus natürlich nur begrenzt möglich. Aus diesem Grund wird hier nur in knapp sechs Prozent der Jobs Home-Office angeboten. Überdurchschnittlich häufig kann in den Bereichen IT und Telekommunikation, Consulting und Beratung sowie Marketing, PR und Werbung vom heimischen Arbeitsplatz aus gearbeitet werden. Hier müssen meist nur die technischen Voraussetzungen gegeben sein, um einen mobilen Arbeitsplatz zu schaffen.
Digitalkompetenz von Mitarbeitern selten verlangt
“Um digitales Arbeiten zu etablieren, sind eine offene Haltung notwendig sowie die Bereitschaft, gewisse Veränderungsprozesse im Unternehmen zuzulassen”, erläutert Florian Swyter, Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister e.V. (BAP). 4.645 Unternehmen gaben in ihren Stellenanzeigen an, eine offene, zukunftsorientierte oder innovative Unternehmenskultur zu besitzen. “Ob und wie digital sich Arbeitsplätze gestalten, ist also bereits von der Art und Weise der Unternehmen selbst geprägt und somit eine Frage der Haltung”, so Swyter weiter.
Doch auch die Mitarbeiter müssen den Anforderungen der technologischen Veränderungen gewachsen sein. Um mit Cloud-Anwendungen, Kommunikations- und Videokanälen umgehen zu können, sollten sie eine gewisse Digital- und Medienkompetenz besitzen. Dennoch wird in Stellenanzeigen für lediglich 500 Jobs von 279 Unternehmen Digitalkompetenz gefordert. Das kann daran liegen, dass heutzutage eine Affinität zu digitalen Medien vorausgesetzt und nicht explizit in den Anforderungen genannt wird.
Attraktivität von flexiblen Arbeitszeiten
Die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten, bietet einige Vorteile, wie mitunter die freie Zeiteinteilung. Flexible Arbeitszeiten und -bedingungen, nicht nur im Home-Office, fanden schon vor Corona im Mai 2019 Erwähnung in sechs Prozent der Jobangebote. Ein Jahr später lag der Anteil bei rund zehn Prozent. Besonders in der jetzigen Situation ist eine flexible Einteilung attraktiv für die Arbeitnehmer, um das Privatleben mit dem Beruf zu vereinbaren. Auch hier sind in bestimmten Bereichen flexible Arbeitszeiten einfacher zu realisieren als in anderen. Über 20 Prozent der Jobangebote für Fachkräfte im Beratungswesen, in der IT, im Marketing und im Rechts- und Steuerwesen enthielten den Hinweis zur eigenen Arbeitszeitgestaltung. Für Fachkräfte, die häufig in Schichtsystemen arbeiten, wie im Transport, Verkehr, Logistik und Lager (3,4 Prozent), im Hotel und Gastgewerbe (6,0 Prozent) oder im Gesundheitswesen (7,5 Prozent), sind flexible Arbeitszeiten deutlich seltener möglich.
Fest steht: Die Corona-Einschränkungen ziehen auch am Stellenmarkt nicht spurlos vorbei und etliche Unternehmen reagieren auf die derzeitigen Umstände bereits mit entsprechenden Angeboten, unter anderem mit digitalen Bewerbungsgesprächen und der Option auf die Arbeit im Home-Office. Offen hingegen bleibt, wie und ob sich Formen des digitalen Arbeitens in Zukunft noch stärker in Stellenangeboten widerspiegeln oder ob sie nach der Pandemie wieder in Vergessenheit geraten.
Über den BAP Job-Navigator
Der BAP Job-Navigator wertet monatlich die Stellenangebote aus 196 Printmedien, 189 Online-Jobbörsen, mehr als 30.000 Firmenwebsites und der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit aus. Im Zeitraum Mai 2020 wurden insgesamt 764.239 Stellenanzeigen von 135.704 Unternehmen analysiert. Wenn mehrere Anzeigen für eine Stelle geschaltet wurden, wurden diese zusammengefasst und nicht mehrfach gezählt.
Über den BAP
Der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP) ist die führende Interessenvertretung der Personaldienstleistungs- und Zeitarbeitsbranche in Deutschland. Im BAP sind ca. 2.000 Mitglieder mit über 4.600 Personaldienstleistungsbetrieben organisiert. Informationen zum Verband finden Sie unter www.personaldienstleister.de.
Bundesarbeitgeberverband der
Personaldienstleister e.V. (BAP),
Doris Droste
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